PLEASE SCROLL DOWN FOR ENGLISH VERSION
Susanne Schleyer und Michael J. Stephan
Sound Installation aus Interviewfragmenten und Klangaufnahmen
30 schwarz-weiß Barytabzüge (Handabzüge),
jedes Foto 90 x 60 cm, unter Passepartout und gerahmt (gesamt: 111 x 81 cm),
Auflage: 3 + 1 Künstlerexemplar
2010, Johannesburg/ Südafrika
Kuratorin: Indra Wussow
Eröffnung: 19. Juni 2015, 18 Uhr
Einführung in die Ausstellung:
Gaby Zipfel, Hamburger Institut für Sozialforschung
Ausstellungsdauer: 20.6. - 30.8.2015
Für Ausländer ist es schwer nachzuvollziehen, dass es in Südafrika mit seiner langen Geschichte weißer Vorherrschaft auch eine Geschichte verarmter Weißer geben könnte, lange gegeben hat. Schon 1920 gab es ein weißes Armutsproblem, und um das zu lösen, wurden Weiße politisch auf Kosten der schwarzen Mehrheit der Bevölkerung bevorzugt und zu höheren Löhnen eingestellt. Diese Bevorzugung war immer noch eine der Grundsäulen der Apartheitspolitik bis 1994, die auch dafür sorgte, dass ungebildete Weiße nur durch Hilfe des Staates überleben konnten und sich nicht weiterentwickelten.
Deshalb traf diese Bevölkerungsschicht die demokratische Umwandlung Südafrikas bis ins Mark. Heute geht man in Südafrika davon aus, dass sich ca. eine Million Weiße, das sind 20% der weißen Bevölkerung Südafrikas, nicht selbst ernähren können.
Dafür gibt es viele Gründe, doch diese Entwicklung wird kaum beachtet, da das meiste Kapital noch immer in den Händen der weißen Minderheit liegt und die schwarze Mehrheit immer noch in überwiegender Zahl mit Armut kämpfen muss.
„Arme Weiße“, „White Trash“ oder „Arme Blankes“ werden die Verlierer der Gesellschaft nicht nur in Südafrika genannt. Sie leben mittlerweile meist außerhalb der Städte und verstecken sich in Hinterhöfen von Farmen, stillgelegten Campingplätzen oder in Elendsquartieren mitten in der Natur. Diese Orte heißen „Maranata“ oder „Eagles Nest/Adlerhorst“ – nur dass sich kein Adler an diese vergessenen Ort verirrt. Die Bewohner leben in Behelfsquartieren und alten Wohnwagen, Trinkwasser und Strom sind Mangelware.
Susanne Schleyer und Michael J. Stephan haben mehrere dieser verlorenen Orte besucht und dort ein improvisiertes Fotostudio errichtet. Sie baten die Mitwirkenden vor eine weiße Wand. Einige zogen dafür ihre Kleidung an, die sie gewöhnlich nur sonntags zur Kirche tragen. Es gab keinerlei Vorgaben, wie sich die Porträtierten präsentieren sollten.
Susanne Schleyer: „Wir schauten in ihre Gesichter, die aus einer anderen Zeit zu stammen schienen. Wir entschlossen uns, sie nicht in ihrer Armut und ihrem Schmutz zu porträtieren, sondern ihnen die Würde und den Stolz zu geben, die sie für sich schon längst verloren hatten und der doch in uns allen ruht.“
Zu den Porträts gehören auch Interviews mit den einzelnen Personen, die mit dem südafrikanischen, afrikaansen Künstler Stephan Erasmus als Übersetzer und Begleiter durchgeführt wurden. Die Interviews machen deutlich, dass diese Verlierer des neuen Südafrikas noch immer vom alten System geprägt sind und sehr schnell „den Schwarzen“ für ihre Misere die Verantwortung geben. Sie leben alleine in ihren Siedlungen, Trennung und Intoleranz sind wichtige Parameter ihres sozialen Umfelds.
„Als Kuratorin bin ich sehr daran interessiert zu hinterfragen, wie sich die sozialen Umwälzungen auf unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen Südafrikas auswirken. Das mit großer Sensibilität ausgeführte Projekt von Susanne Schleyer und Michael J. Stephan über die armen Weißen zeigt, wie weit entfernt das neue Südafrika ist, die hehren Ziele der Freedom Charta in die Tat umzusetzen“, so Indra Wussow.
Die Ausstellung ist vom 20. Juni bis 30. August im kunst:raum der Sylt Foundation in Rantum zu sehen. Eröffnung am 19. Juni 2015, 18 Uhr mit einer Einführung von Gaby Zipfel, Hamburger Institut für Sozialforschung
Ort: Hafenstraße 1, 25980 Sylt/Rantum
Öffnungszeiten: Dienstags bis Sonntags, 11 bis 18 Uhr
Eintritt frei
Die Ausstellung ist ein Projekt der Sylt Foundation in Johannesburg,
Kuratorin: Indra Wussow
Pressemitteilung